Pelé

- Von Alison Belnou-

Pelé wurde am 21 Oktober 1940 geboren. Er spielte 1958 als Fußballprofi und gewann in den Jahre danach 3 mal die Weltmeisterschaft(1958, 1962, 1970), 2 mal den Interkontinentalen   Pokal, 2 mal den Südamerika-Pokal , war 11 mal Meister des Staates Sâo Paulo, 5 mal Brasilianischer Pokalsieger und Champion der Vereinigten Staaten. Im Finale 1970 Brasilien-Italien sprang Pelé höher als Burgnich und schoß das erste von vier brasilianischen Toren. Er hat 1281 Tore in 1363 Spielen geschossen. Clubs: Bauru Atletico Clube, FC Santos und Cosmos New York. Pelé ist jetzt der Sportminister der Indianerspiele in Brasilien.

Quellenangabe: Buch Les dieux du foot und  Internet Adresse: 

 

Pele: Der Allah des Fußballs

Brasiliens Weltwunder - "Jahrhundert-Helden, große Momente des Sports" - Serie, Teil 5 

- Von OSKAR BECK -

In der Chronik der Fußball-Weltmeisterschaft 1958 findet sich ein außergewöhnlicher Vorfall, der folgendermaßen beschrieben ist: "Die Zuschauer sperrten Mund und Augen auf: Pele verwandelte den Strafraum in eine Varieteebühne. Er nahm den Ball an, ließ ihn am Körper hochlaufen und wieder auf den Fuß fallen. Er drehte sich, um den Angreifer zu bluffen, hob den Ball wieder hoch - und diesmal fiel er auf den anderen Fuß. Das Publikum verstummte vor Bewunderung. Dann knallte der Schuss. Es war wie auf der Schaubühne. Ballzauber. Hexerei."

So ist das an diesem 29. Juni 1958 im Rasunda-Stadion in Stockholm. Die Brasilianer tricksen den Schweden im WM-Finale fünf Tore ins Netz und hundert Knoten ins Knie. Und ein verspielter Junge namens Pele ist der Hauptdarsteller. Er ist ein Artist. Ein Balletttänzer. Er schießt zwei Tore, außerdem prallt ein Freistoß, von ihm aus 28 Metern Entfernung abgefeuert, vom Innenpfosten unter dem Lattenkreuz wieder ins Feld zurück - und als alles vorbei ist, heult Pele an der Brust von Torwart Gylmar vor Freude Rotz und Wasser.

Er ist 17.

Es ist der Geburtstag eines Weltwunders. Ein Augenzeuge notiert: "Die Zuschauer sperrten Mund und Augen auf - so einen Fußball hatten sie noch nie gesehen. Fußball wie Jazzmusik, aber ohne Noten - nur nach dem Ohr, mit dem Herz, dem Gefühl."

Ach, haben wir Glück gehabt. Wir, das sind in dem Fall all jene, die durch die Gnade der rechtzeitigen Geburt und den Durchbruch des Fernsehens in den Genuss kamen, zwei der Größten des Sports live und leibhaftig auf ihrem Gipfelpunkt zu erleben. Muhammad Ali, den Boxer.

Und eben diesen Pele.

Später, als der sein Abschiedsspiel macht, 1977 in New York, kommen 75 000 Zuschauer ins Giants Stadion, und vor ihnen und den Kameras, die sein letztes Hurra in 40 Länder der Welt übertragen, nimmt Pele am Ende das Mikrophon in die Hand und sagt: "Ich widme dieses Spiel allen Kindern der Welt."

Kinder sind auch wir - damals, als der Stern dieses Zauberers aufgeht, in Schweden. Papa hat gerade den ersten Fernseher gekauft, und auf dem Bolzplatz sind wir Jaschin, der Torwart, oder Pele. Aber meistens Pele. Problemlos buchstabieren wir unseren Helden in voller Länge: Edson Arantes do Nascimento. Wir werden auch nie den Namen des tapsigen Schweden vergessen, mit dem er im Finale in Stockholm den Mops macht: Parling - oder ist es Gustavsson? Es sind wohl beide auf einmal. Die schwarze Perle jongliert und bugsiert den Schweden das Bällchen irgendwie mit der Sohle am Scheitel vorbei - Drehung, Schuss, Tor. Pele. Didi. Garrincha.

So heißt das magische Dreieck jener brasilianischen Zuckerhut-Zauberer. Didi ist der Denker und Lenker. Garrincha ist der Dribbelkönig am rechten Flügel, ein hakenschlagender Paradiesvogel, er hat ein X-und ein O-Bein, und im Finale überfällt er seinen Gegenspieler, einen gewissen Axbom, mit Tricks und Finten, er narrt ihn schwindlig, macht ihn lächerlich, nein: er hypnotisiert ihn - einmal lässt er den Ball einfach liegen und stürmt davon, und was tut Axbom? Statt sich die herrenlose Kugel zu schnappen, jagt der Schwede hinter Garrincha her, wie von Sinnen. Doch die Krönung der Hexerei ist Pele. Der Ball scheint mit ihm verwachsen zu sein, mal am Schienbein, mal an den Sohlen. Der Ball springt ihm einfach nicht weg. Wie ein Aal schlängelt sich Pele am langen Gustavsson vorbei, und wenn der rauhe Parling dazukommt, geht es halt mittendurch, Ball am Fuß - Pele ist der erste Mensch, der das Fingerspitzengefühl in den Zehen hat. Wunderknabe Pele. Schuhgröße 38.

Das sind die Latschen eines großen Kindes, und so spielt er auch - aus dem Bauch heraus. "Das Erfolgsgeheimnis des Fußballs", hat er einmal gesagt, "ist die Naivität." Pele, zur Person: Profi mit 15 - beim FC Santos. Später Cosmos New York. 93 Länderspiele (das erste mit 16), 80 Tore. Vier WM-Turniere (1958, 1962, 1966, 1970), dreimal Weltmeister. Weitere Rekorde: Acht Tore in einem Spiel (gegen Botafogo/1964) - 127 Tore (!) in einer Saison (1959).

Pele, das war mehr als Fußball. Pele wurde für die Brasilianer zum Ersatz-Gott - um sich im Glanz seiner Popularität zu sonnen, standen die Politiker bei ihm Schlange im Wartesaal. Peles Tore, wussten sie, waren die beste Droge - das wirksamste Betäubungsmittel gegen Armut und Elend.

Wir waren in Rio. Wir fuhren zum Corcovado hinauf. Wir hatten einen kleinen Reiseführer im Auto (hieß er Paulo?), der uns den Weg zeigte. Paulo kam aus den Elendsvierteln. Aber als wir oben waren, wollte der Junge kein Geld - er wollte nur eins: das gelbe Nationaltrikot auf dem Rücksitz, das wir uns in Botafogo im Sportgeschäft bei Nilton Santos besorgt hatten, dem alten WM-Verteidiger, einem anderen Helden von '58. Paulo war wie alle Buben von der Copacabana. Sie lernen das Spiel im Sand - und wenn sie keinen Ball haben, jonglieren sie mit Orangen. Und denen, die ein Hemd haben, muss die Mama die "10" aufs Kreuz nähen. Sie sind alle kleine Peles. König Pele. Mit 50 spielt er noch einmal. Zur Feier seines Geburtstags trifft in Mailand ein brasilianisches Team auf eine von Franz Beckenbauer betreute Weltauswahl - und trotz seines reifen Alters lässt sich der Star des Abends von keinem Stuntman vertreten. Pele spielt sich selbst - für ihn gibt's kein Double. Man frage Parling und Gustavsson, die hautnahen Zeitzeugen und Leidtragenden eines Weltwunders - Stockholm, 1958. In Tres Coracoes, seinem Geburtsort, haben sie Pele ein Denkmal gesetzt - und im Karneval tanzten die Menschen ihre Samba und sangen: "Schwarz ist der Kaffee, schwarz ist Pele. Gut ist der Kaffee, gut ist Pele. Allah ist Allah, und Mohammed ist sein Prophet. Aber Allah im Fußball, das ist Pele."

Pele ist am Donnerstag von der Nachrichtenagentur Reuters zur "Sportpersönlichkeit des Jahrhunderts" gewählt worden. Er gewann mit 146 Punkten vor Muhammad Ali (140 Punkte) und Carl Lewis (94). Ein deutscher Sportler kam nicht unter die besten 15. Stimmberechtigt waren 54 Sportjournalisten aus 35 Ländern.

Pele verwandelte den Strafraum in eine Varieteebühne.

 

http://www.sz-newsline.de/mungo/sportler/sportler5.htm