DIE RITTERTURNIERE

Entstehungszeit:

Mitte 3 des elften Jahrhunderts fanden in Nordfrankreich die ersten Turniere statt, erfreuten sich aber noch keiner großen Beliebtheit. Erst rund 50 Jahre später, zu Beginn des zwölften Jahrhunderts, verbreiterte sich der Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad in Europa. Der Kampfsport entwickelte sich ab diesem Zeitpunkt aber rasend schnell, neben der Jagd und dem wirklichen Krieg, zur Lieblingsbeschäftigung der Ritter. Die Beliebtheit erreichte unglaubliche Ausmaße, es wurden riesige Veranstaltungen von den Adligen und Königen organisiert, die gar nicht genug von dem kriegerischen Treiben sehen und erleben konnten.

 

Gründe:

Sicherlich war der Spaß, den die Teilnehmer bei einem Turnier hatten, ein wichtiger Grund an diesen teilzunehmen. Aber im Hinterkopf hatten die meisten Ritter und Kämpfer einen anderen, sehr lukrativen Gedanken. Ein Sieg bei einem Turnier bedeutete großen Ruhm und Ehre. Er erhielt eine reiche Beute, eine angesehene, reiche Frau, einen Diener und andere Vergünstigungen. Deshalb sahen viele junge Ritter in den Turnieren eine Chance, sich einen Namen zu machen und ihre Zukunft abzusichern.

 

Ablauf eines Turniers:

Die Turniere muss man sich wie ein riesiges Theater unter freiem Himmel vorstellen. Es wurde eine riesige Zuschauertribüne gebaut, die unmittelbar an der Kampfarena war. Um den Platz waren die Zelte der Teilnehmer aufgebaut. Zu Beginn eines Turniers wurden alle Teilnehmer den Zuschauern vorgestellt. Anschließend wurden die Turnierregeln verlesen. Darauf folgten die Wettkämpfe, in die das Publikum mit lautem Getöse und Zwischenrufen Einfluss nehmen konnten. Am Ende des Wettkampftages wurde die Siegerehrung durchgeführt, bei der der Sieger die Haupttribüne betrat und einen Kranz umgelegt bekam, natürlich von einer schönen Dame. Das darauffolgende Fest mit Speisen, Trunk und Tanz dauerte die ganze Nacht hindurch.

 

Formen von Turnieren:

Unter Turnieren verstand man zu der damaligen Zeit Kampfspiele, bei denen der Ritter seinen Mut, seine Geschicklichkeit und seinen Umgang mit Waffen unter Beweis stellen musste. Man unterschied drei Formen von Turnieren: dem Buhurt, dem Tjost und dem Turnei.

Der Buhurt war ein Massenkampf, bei dem sich zwei gleich große Heere auf einem markierten Feld mit stumpfen Waffen bekämpften. Wurde ein Ritter von dem Gegner gefasst, so musste er seinem Bezwinger Abgaben leisten, wie z.B. Lösegeld oder sein Pferd.

Im Gegensatz zum Buhurt war der Tjost ein Zweikampf, bei dem sich die Ritter mit Pferd und Lanze bekämpften. War nach einer Zeit kein Sieger zu ermitteln, mussten die Ritter absteigen und sich mit dem Schwert versuchen. Es war nicht Pflicht, aber oft wurden dabei scharfe Schwerter benutzt.

Der Turnei war eine Art Kreuzung zwischen Buhurt und Tjost. Man kann das Turnei auch als das eigentliche Turnier nennen, da dies die meistausgeübteste und auch die beliebteste Form war. Auf einem kleinem, überschaubarem Feld standen sich zwei Gruppen von Rittern gegenüber, die dann Mann gegen Mann versuchen mussten, sich gegenseitig aus dem Sattel zu befördern.

 

Bilanz der Turniere:

Auch wenn durch den ganzen Trubel, den Prunk und die Preise, die ein Ritter bei einem Sieg erhielt, der Eindruck entsteht, dass die Ritterturniere eine festliche Sache sei, bei dem es vor allem um den Spaß geht, waren die Turniere auch Schauplatz für Tragödien. So manch einer der Teilnehmer konnte das Feld nur noch tot oder schwerverletzt verlassen. Zwar wurden hauptsächlich stumpfe Waffen bei den Turnieren benutzt, aber eine stumpfe Lanze, zum Beispiel, konnte auch tödlich wirken, wenn sie den Ritter unglücklich traf. Genau das gleiche traf auch bei einem stumpfen Schwert zu. Diese Gefahr wurde von vielen Teilnehmern unterschätzt. Viele Ritter brachen sich beim Turnier das Genick, wenn sie aus dem Sattel gehoben wurden und falsch aufschlugen. Oder sie wurden einfach im Eifer des Gefechts von den anderen Reitern zu Tode getrampelt. Des weiteren sind viele Fälle von Erstickungen bekannt. Die Ritter vielen kopfüber in den Sand und verloren ihr Bewusstsein. Wenn sie nicht rechtzeitig bewegt wurden, erstickten sie unter ihren Helmen.

Es wird von vielen Forschern angenommen, dass bei den Turnieren mehr Ritter ihr Leben ließen, als in der eigentlichen Schlacht selber, obwohl das wohl unwahrscheinlich ist. Fakt aber ist, dass die Liste der Könige, die in einem Turnier ihr Ende fanden, wesentlich höher ist, als die der Könige, die im Krieg, in einer wirklichen Schlacht um Leben und Tod, starben. Über die Anzahl der Toten aus dem Bereich der mittelständigen Klasse sind keine konkreten Zahlen bekannt, doch es dürfte eine erhebliche Anzahl sein. Ein besonders gravierendes Beispiel, dass die Brutalität und Gewaltsamkeit der Turniere zeigt, kommt aus Köln. Bei einem Turnier im Jahre 1240 kamen 40 Ritter und ihre Knappen ums Leben.

Die Rolle der Turniere im Leben der Ritterschaft:

Die Turniere erfreuten sich bei allen Klassen und Schichten der Gesellschaft großer Beliebtheit. Wie bereits erwähnt konnten sie eine Möglichkeit sein, um zu Ruhm und Reichtum zu kommen. Für diejenigen, die es sich nicht leisten konnten, an den Spielen teilzunehmen und als Zuschauer fungierten, war es eine willkommene Abwechslung zum Alltagstrott. Gegen diese Beliebtheit konnte noch nicht einmal die allmächtige Kirche etwas ausrichten. Diese sah nämlich die Turniere als "gottlose Eitelkeit und Kraftmeierei", wie es 1130 Papst Innozenz II. einmal ausdrückte. Wer bei einem Turnier starb, durfte nicht in geweihter Erde beigesetzt werden. Später wurde dies sogar noch verstärkt, da trotz dieser Strafen die Turniere sich weiterhin großer Beliebtheit erfreuten. Es wurde den Rittern, die mit dem Gedanken spielten, bei einem Turnier anzutreten, angedroht, dass sie ihre "ewige Seeligkeit" verlieren würden, sollten sie ihr Vorhaben in die Tat umsetzten sollten und dabei ihr Leben lassen. Doch alle Anstrengungen der Kirche waren vergeblich. Trotz kirchlichen Turnierverbots konnte die Beliebtheit der Spiele nicht gebremst werden. Nach zwei Jahrhunderten vergeblicher Drohungen hob 1316 Papst Johannes XXII (22) das Turnierverbot wieder auf.