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Paris im Spätherbst 1945:
Ein Kinobesuch gibt Giacomettis Leben eine entscheidende Wende: "An
diesem Tag, da habe ich den Boulevard angeschaut wie noch nie zuvor: Alles
war anders, die Raumtiefe, die Dinge, die Farben und die Stille..."
Nach diesem Erlebnis beginnt Giacometti die Werke zu schaffen, die ihn
weltberühmt machen: überschlanke, ausgezehrte Figuren und
Figurengruppen, Männer, die ohne Kniebeuge schreiten, reglos dastehende
Frauen, die Arme an den Körper gepresst. |
Giacometti kam 1901 als
erstes von vier Kindern in der Schweiz auf die Welt. Sein Vater Giovanni
gehört zu den bekanntesten Schweizer Malern der Zeit. Schon im
Kindesalter fertigt Alberto seine ersten Porträtbüsten. 1922 zieht es
ihn nach Paris. Dort bezieht er eine Atelierbaracke, in der er bis zuletzt
zusammen mit seinem Bruder Diego arbeitet.
Er schließt sich den Surrealisten an und stellt 1930 mit Joan Miró und
Jean Arp aus. 1935 trennt er sich wieder von seinen Weggefährten. Er
sucht nun eine eigene Ausdrucksform. Vorerst werden seine Skulpturen immer
kleiner, bis sie kaum noch die Größe von Stecknadeln besitzen.
Hartnäckig verfolgt er seinen Weg, obwohl sich niemand für seine
Miniaturen interessiert. Die Durststrecke endet erst nach dem Krieg. |
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Mit seinen langgezogenen
Skulpturen gelingt Giacometti der internationale Durchbruch. Die Preise
für seine Werke vervielfachen sich. Trotzdem bleibt Giacometti seinem
kargen Lebensstil treu, bis 1966 als ein Krebsgeschwür ihn mitten aus
Leben und Schaffen reißt.
"Giacometti ist der bedeutendste Bildhauer des 20.
Jahrhunderts", meint Christian Klemm, Konservator der
Alberto-Giacometti-Stiftung. "Er hat ein neues Menschenbild
geschaffen. Seine Idee war, den Menschen in seiner augenblicklichen
Präsenz zu erfassen, so wie er uns auf der Straße begegnet, seine
flüchtige Erscheinung festzuhalten." Insbesondere junge Leute seien
von Giacometti fasziniert, weiß Klemm. "Seine Suche nach dem Wesen
des Daseins, nach der nackten Existenz beschäftigt jede Generation wieder
von neuem." |
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nach einem Text von Patrick Kupper |
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