von

Georges Koegel

und

Mathias Jaenisch


Verkehrsmittel spielen eine wichtige Rolle in der Geschichte der Völker. Wir denken vor allem dabei an die Eisenbahn die verschiedene Bevölkerungsschichten zusammen gebracht hat.

 

1867 war Luxemburg eine Festungsstadt umgeben von einer einengenden Festungsmauer. Der Großteil der Bevölkerung arbeitete am Land doch die Bewegung in die Stadt nahm bereits ihren Anfang. Das Zeitalter der erzverarbeitenden Industrie hatte begonnen, auch in Luxemburg Stadt, so dass viele Leute in die Stadt zogen. Die Festungsmauer wurde geschliffen, denn die Stadt wuchs. Die einzigen Transportmittel zu dieser Zeit waren die Eisenbahn, wobei der Bahnhof außerhalb der Stadt lag, Pferdefuhrwerke oder einfach die eigenen Füße.

Im Jahre 1873 nahm das Projekt der Errichtung einer Pferdestraßenbahn auf dem Gebiet der Stadt Luxemburg konkrete Formen an. Nach einer langen Debatte über Finanzierung, Zinsgarantie und Rentabilität der Trambahn bekam Charles de Féral die Genehmigung des Baus. Er gründete eine Gesellschaft, die SATL, welche das Transportunternehmen führte unterstützt von der Gemeinde Luxemburg.

Am 21. Februar 1875 war es soweit: Die erste Teilstrecke Bahnhof – Athenäum, damals noch in der Oberstadt in der heutigen Nationalbibliothekgelegen, wurde feierlich eingeweiht. Laut Fahrplan boten die Pferdebahnwagen zwischen 6.30 Uhr und 9.00 Uhr Anschluss zu allen Zügen. Von neun Uhr bis zum Abend fuhren sie alle 15 Minuten wobei der Anschluss an die Züge nicht immer gewährleistet wurde. Die Menschen erreichten die Züge nicht immer rechtzeitig, worauf von der SATL ein Droschkendienst ins Leben gerufen wurde. Doch dies bedeutete, dass die einfachen Menschen für diesen Dienst weitaus mehr bezahlen mussten als sie sich das leisten konnten. Sie gingen wieder zu Fuß. Am 5. Juni trat daraufhin ein neuer Fahrplan in Kraft der zu allen Zügen Anschluss gewährte.

Zur Eröffnung der Schobermesse im August wurde eine neue Linie in Betrieb genommen. Das Netz bestand nunmehr aus drei Linien:

Bahnhof - Neutor
-Bahnhof – Wallstraße/Ecke Chimay – Straße
Roter Brunnen – Glacis

1888 war der Anfang vom Ende des Päerdstram. Die Nachteile der Pferdebahn wurden immer offensichtlicher und man war nicht mehr länger bereit, ständig in den Pferdemist treten zu müssen oder sich die Knochen in den unbequemen Wagen durchschütteln zu lassen . Außerdem hielt die Elektrizität Einzug in Luxemburg.

Es sollten noch Jahre vergehen bis der Päerdstram durch eine elektrische Straßenbahn ersetzt wurde.

Erst 1907 beschloss die SATL ihre eigene Auflösung und übergab Pferde und Tram für eine Ablösesumme von 130.000 LUF an die Stadt Luxemburg. Die Firma Siemens wurde beauftragt eine Umformerstation und eine elektrische Straßenbahn im Wert von 1.300.000 LUF zu bauen.

Im März 1908 begannen die Arbeiten am Bahnhof in der "Fausse Braie " und in der Neutorstraße. Die Bewohner der Vorstädte vom Grund und Pfaffental wollten ebenfalls Anschluss an das neue Trambahnnetz bekommen. Aber es wurde kurz und bündig mit der Feststellung: "Eine elektrische Straßenbahn in den Unterstädten ist Zukunftsmusik" abgeschmettert. Der einzige Vorort der schnell an das Stadtnetz angeschlossen wurde blieb Eich im Jahre 1913.

Im August 1908 wurde der Betrieb der elektrischen Straßenbahn aufgenommen. Es wurden drei Linien gefahren:

1. Bahnhof – Pont Adolphe – Grand Rue – Viadukt – Bahnhof

2. Bahnhof – Viadukt – Grand Rue – Neutorstraße – Limpertsberg Remise - Avenue de la Faiencerie – Boulevard Joseph II – Avenue Monterey – Pont Adolphe – Bahnhof

3. Bahnhof – Viadukt – Grand Rue – Avenue Monterey – Limpertsberg Betriebshof - Neutorstraße – rue Aldringen – Straße – Pont Adolphe - Bahnhof

Diese drei Linien wurden im 15 Minuten, bzw. 30 Minuten Takt gefahren, hatten jedoch keine genaue Bezeichnung. So traten einige Probleme auf. Durch die Begeisterung für die Elektrische war der Wagen völlig überfüllt. Auch waren Entgleisungen und Zusammenstöße mit Fuhrwerken an der Tagesordnung. Es wurde ein Verordnung erlassen, die besagte: "Fuhrwerke oder Vieh ohne Aufsicht auf oder in einer Geringeren Entfernung als drei Meter stehen zu lassen ist verboten." Weiter heißt es:" Aufsichtslos dastehende Fuhrwerke oder Tiere, welche das Gleis sperren, sind die Bediensteten zu entfernen berechtigt ohne straffällig zu werden ."

In diesem Jahr hatte die Tram auch im Rahmen der Schobermesse ihre erste wirkliche Bewährungsprobe zu bestehen. Um den Menschenmaßen Herr zu werden, wurde von 8 Uhr morgens bis 10 Uhr abends nur eine einzige Linie gefahren, nämlich

Bahnhof – Viadukt – Grand Rue – Avenue Monterey – Limpertsberg – Neutorstraße – Grand Rue – Viadukt – Bahnhof. Und dies alles im 5 Minuten – Takt!!!

1909 errichtete man an der Passerelle eine Signallampenanlage, um den eingleisigen Brückenabschnitt zu sichern. Normalerweise zeigten beide Ampeln "Durchfahrt" an. Fuhr nun aber von der einen Seite ein Zug in den eingleisigen Streckenabschnitt ein, so schaltete das Signal auf den gegenüber liegenden Seite auf "Durchfahrt gesperrt".

Eine zusätzliche Einnahmequelle wurde in diesem Jahr durch das Anbringen von Reklameschildern erschlossen.

1910 wurden die Forderungen nach einer Teuerungszulage für das Personal von 25 – 50 Franken erfüllt. Und eine Diskussion über das Einführen eines wöchentlichen Ruhetages begann. Bis zu diesem Tag hatten die Angestellten erst nach jeweils 10 Arbeitstagen Anspruch auf einen Ruhetag.

1913 wurde die erste Vorortstrecke der Trambahn, die bis zur heutigen Eicher Klinik reichte, in Betrieb genommen.

1914 wurde durch den Kriegsbeginn und der damit einhergehenden Beschlagnahmungen der Verkehr der Straßenbahn deutlich eingeschränkt

1922 Der Bau der Linie nach Neudorf wird beschlossen. Die Verlängerung der Strecke von Eich bis an die Stadtgrenze nach Beggen wurde in Betrieb genommen. Kurios war hier, dass die gesamte Strecke bis nach Heisdorf zu diesem Zeitpunkt zwar fertig gebaut war, aber auf Grund von Streitigkeiten mit den Gemeinden Steinsel und Walferdange erst 8 Jahre später ihren Betrieb aufnehmen konnte.

1923 wurde die Linie Neudorf in Betrieb genommen. Eine neue Gleisanlage wurde am Bahnhofsvorplatz gebaut, die den Betrieb der Tram deutlich beschleunigte. Auch wurde in diesem Jahr die Linie nach Hollerich in Betrieb genommen.

1924 wurde die Linie nach Bonneweg in Betrieb genommen. Insgesamt waren nunmehr acht Linien mit 13 verschiedenen Streckenkombinationen in Betrieb.

1925 wurde um den Verwirrungen beim Besteigen der Tram ein Ende zu setzen das Liniennummern System eingeführt, welches im wesentlichen bis heute gilt (z.B. Bus Nr. 10 nach Beggen)

1926 wurde die letzte Linie nach Merl eröffnet. In diesem Jahr begann aber auch der zunehmende Einsatz der Autobusse, denen es dann einige Jahrzehnte später gelang die Tram gänzlich zu verdrängen.

1930 fuhr die Tram dann endlich doch noch bis nach Heisdorf – Steinsel

Zu Beginn der dreißiger Jahre befand sich die Straßenbahn auf dem Höhepunkt ihrer Popularität. 8,25 Millionen Fahrgäste hatten die Tram im Jahr 1930 benutzt. Die größte Ausdehnung des Liniennetzes erreichte 1932 ihr Maximum, und kaum eine andere Straßenbahn auf der Welt war so gepflegt und sauber wie die luxemburgische.

1938 bestanden 5 Buslinien, so dass man anfangen musste das Zusammenspiel von Tram und Bus zu koordinieren.

Am 10.Mai 1940 änderte sich dann mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in Luxemburg auch im Bereich der Straßenbahn vieles. So kam es an diesem Tag zu einer plötzlichen Stromunterbrechung, die dazu führte, das alle Straßenbahnfahrzeuge mit dem LKW zum Straßenbahnschuppen zurückgeschleppt werden mussten.

Viele andere unerfreuliche Dinge geschahen, so dass

1945 nur mehr ein Straßenbahn Rumpfbetrieb bestand, der dringend eine Verjüngungskur benötigte. Es wurde in diesem Jahr auch und das war eine große Neuerung, die 48 Stunden Woche mit einem 8 Stunden Tag inklusive einer 20 minütigen Ruhepause eingeführt.

1951 wurde beschlossen die Straßenbahnlinie in Neudorf aufzulösen, auch wollte die Gemeinde Steinsel nicht länger an der städtischen Straßenbahn beteiligt sein.

1957 wurde der Verkehr auf den Tramlinien 2, 3 und 4 eingestellt.

1959 wurde der Streckenabschnitt Bahnhof - rue Notre Dame eingestellt, auch war dies das Jahr in dem die letzte Straßenbahn nach Bonneweg fuhr

1961 wurde die Linie nach Merl eingestellt

Am 5.9.1964 um 15:40 fuhr dann die letzte Tram von Walferdange über Beggen, Eich nach Luxemburg.

Die " Tramsschinnen" sind längst aus dem Stadtbild verschwunden. Nicht aber aus den Köpfen der Menschen.

Da hat einer " Nerven ewéi Tramschinnen"

Und

" Tramschinnen"

in der Sonntagshose sind alles andere als die hohe Schule Bügelkunst.

 

Aber hat Luxemburg der Tram für immer adieu gesagt?

Studien und Diskussionen über das " Projet Buss – Tram – Bunn BTB" lassen eine

 

Wiedergeburt der Straßenbahn in neuem Gewand zumindest als möglich erscheinen..

(Februar 2002)