Ein schwarzes Herz-oder doch nicht?

 

 

Herr Schwarzherz war ein geldgieriger Mensch. Vor ungefähr sechs Jahren hatte er seine Frau und seine vier Kinder verlassen, wegen irgendeiner blöden Geldsache. Jetzt wohnte er in einer riesigen, düsteren Villa, und da Herr Schwarzherz sehr unbeliebt war, machte jeder einen großen Bogen um sein Haus.

Er hatte zwei große Hobbys:

Erstens, sammelte er Gewehre, Pistolen und ähnliches (-Er hatte schon unzählig viele davon! Als er sie vor zwei Jahren einmal durchgezählt hatte, waren es 249!!! ).

Zweitens, reiste er gerne. Er war in China gewesen, in Frankreich, Portugal, Spanien und Rumänien, in Luxemburg und Griechenland und in vielen, vielen anderen Ländern.

Es gab auf der ganzen Welt nur ein Land, in dem er noch nie gewesen war: Phantalaya.  Dort gab es Pflanzen, unzählige Ölquellen und Tausende von Goldminen, also genau das Richtige für Herrn Schwarzherz. Er wollte unbedingt dorthin fliegen, doch die Sache hatte einen Haken. Es gab das Land nicht auf Weltkarten. Niemand kannte es, außer Herr  Schwarzherz. Und das hatte einen Grund. Er hatte es nämlich nur erfunden. Und da er keine Freunde hatte, vertraute er dieses Geheimnis seiner Lieblingspistole an (Der verrückte Mann hatte sie Esmeralda genannt). „Esmeralda“, sagte er, „ hab ich dir schon mal von Phantalaya erzählt?“ Und dann schilderte er ihr ganz genau, wie er sich das Land vorstellte, und wie gerne er mal dorthin kommen wollte. Zu Herrn Schwarzherz’ größter Überraschung antwortete die Pistole ihm: „ Wart’s ab, Edward, wenn du morgen aufwachst, erlebst du ein großes Wunder. Ich werde heute Abend mit meinem Freund, dem Engel reden. Morgen werde ich eine Zauberpistole sein. Löse mich dann aus, und dein Traum wird wahr!!!“
Geschockt ging Herr Schwarzherz an diesem Abend ins Bett.

Als er am nächsten Morgen aufwachte, und nach langem Zögern die Pistole betätigte, wurde ihm schwindliger denn je. Er wurde in einen Sog aus Farben hineingezogen und reiste eine halbe Ewigkeit lang (so kam es ihm jedenfalls vor) bis er auf einmal heftig aufschlug. Er wusste sofort, dass er in Phantalaya war.

Die ersten Tage in Phantalaya waren die schönsten in Herrn Schwarzherz bisherigem Leben. Merkwürdigerweise sah er täglich ein paar Mal eins seiner Kinder oder seine Frau an ihm vorbeilaufen. Und immer wenn er sie berühren wollte, lösten sie sich einfach in Luft auf. Herr Schwarzherz erinnerte sich an zwei Dinge, die die Pistole ihm vor seinem Start gesagt hatte: Erstens, hatte er einen Wunsch frei (der Engel war sehr großzügig gewesen), und zweitens, hätte seine Reise nach Phantalaya Nebenwirkungen. Herr Schwarzherz erkannte, welche Nebenwirkungen es waren: Er begann seine Familie schrecklich zu vermissen! Und seinen Wunsch hatte er schon eingelöst um ein Haus zu haben!!! Er wusste nicht mehr ein und nicht mehr aus.

Zwei Wochen später erschien Herrn Schwarzherz Esmeraldas Freund der Engel. Er fragte: „Und Edward, wie gefällt es dir in deinem Traumland? Bist du nun glücklich?“ Herr Schwarzherz schüttelte bedrückt den Kopf und seufzte traurig: „Ich vermisse meine Familie. In meiner Villa war das anders, da hätte ich jederzeit zu meinen Kindern und meiner Frau zurückgehen können…Aber so! Ich weiß ja nicht mal, wie ich von hier zurückkomme!?!“ Herr Schwarzherz tat dem Engel Leid. Er sagte: „ Einmal werde ich dir noch helfen. Aber überlege dir nächstes Mal, was du wirklich willst. Versprichst du mir das?“ Herr Schwarzherz nickte niedergeschlagen. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.

Am nächsten Morgen lag Herr Schwarzherz wieder in seiner Villa im Bett. Erschrocken schaute er sich um. Hatte er alles nur geträumt? Er wusste es nicht. Nachdem er erfolglos versucht hatte, Esmeralda zum Sprechen zu bringen, zog er samt Pistolensammlung zu seiner Familie zurück. Dort wurde er, zu seiner eigenen Überraschung, sehr freudig empfangen! Nur seine Frau war etwas neidisch…auf eine ganz bestimmte Pistole, namens Esmeralda!

Sophie (Februar 2004)