Die Begegnung mit dem Wolf

 

<< „Nimm noch ein Tuch mit und vergiss die Kekse nicht! ", rief meine Mutter aus der Küche. Ich nahm ein Tuch aus dem Schrank, legte es zu den Keksen und den Weingläsern. Es war kalt

draußen. Ich schaute mich kurz um und ging los. Im Wald war es noch kälter. Ich legte mir das Tuch über die Schultern und ging weiter. Es wurde immer kälter und ich bekam auf einmal Angst. Ich war ganz allein in einem dunklen, kalten Wald, der Wind heulte, als wäre der Wald voller Gespenster. „Nur noch einen halben Kilometer, dann bin ich da." dachte ich „Dann konnte ich mit Oma und Rotkäppchen Wein trinken und Kekse essen. Dann wäre ich nicht mehr allein und Oma würde mir bestimmt eine Decke leihen, damit ich nicht erfriere." Ich sagte mir das immer wieder zu und gewann neuen Mut.

Jetzt sah ich hinter den Bäumen Rauch. „Gut", dachte ich, „Oma hat Feuer gemacht." Gleich sah ich die Hütte vor mir. Sie war so wie immer ; das Dach war mit Stroh bedeckt und die Fensterläden waren zugeklappt.

Als ich näher kam, sah ich etwas sehr merkwürdiges. Vor der Tür waren riesengroße Spuren, aber nicht die von Oma oder die von Rotkäppchen. Mir wurde schaurig zumute und ich zitterte am ganzen Leib. Ganz Vorsichtig tritt ich näher. Die Tür war offen. Zitternd vor Angst und Kälte, ging ich hinein. Drinnen lag eine kaputte Weinflasche. Es war ruhig, ich hörte nur das Knistern des Feuers.

Auf einmal hörte ich ein lautes Stöhnen. Es kam aus dem Keller. Ich stellte den Korb beiseite und ging zur Treppe. Ganz leise, damit niemand mich hören konnte. Ich ging Stufe für Stufe hinunter. Bei der achten Stufe blieb ich erschrocken stehen. Vor mir lag ein schlafender Wolf. Ganz langsam stieg ich über ihn bis nach unten. Ich legte mir eine Mistgabel griffbereit die ich in der Ecke fand, und schaute mir den Wolf näher an. In seinem offenen Maul lag eine rote Mütze, die von Rotkäppchen! Oh Schreck! Er hatte... er hatte doch nicht etwa Rotkäppchen verschlungen? Und Oma? Wo war sie? Hatte er sie auch etwa verschlungen? Mir wurde mulmig zumute Hoffentlich erwachte er nicht und verschlang mich auch noch.

Ich kletterte wieder über ihn und lief auf Zehenspitzen nach oben. Dann rannte ich hinaus, sperrte die Tür fest zu und lief davon. Ich lief so schnell, dass ich Jäger Waldemar übersah und in ihn knallte. Als er mich fragte was los sei, erzählte ich ihm die ganze Geschichte. Er überredete mich noch einmal mitzukommen um ihm alles genau zu erklären.

Als wir vor der Treppe standen, machte Waldemar sein Gewehr fertig und stieg in den Keller. Ich folgte ihm. Auf einmal hörte ich ein Knacken hinter mir. Ich drehte mich um und sah den Wolf. Er sprang auf mich und verschlang mich. Nachher erschoss Waldemar den Wolf und ich kam zu dir. >> sage ich ihm.

<< Gut , du kannst Zimmer 305 nehmen>> sagt Jesus und gibt mir den Schlüssel zum zweiten leben.